Erst letzte Woche berichteten wir vom Gameplay Interview mit David Polfeldt von der South by Southwest (SXSW) 2015 – eine Messe, die sich mit den Themen Musik, Film und Interactive auseinandersetzt und jährlich in Austin (Texas) stattfindet. Nun verrät ein neues Interview mit Massive Managing Director Polfeldt und Art-Director Rodrigo Cortez über PCGH, wie aus einem modellierten Kleinstadt-Modell das virtuelle New York City in The Division entstehen konnte, wieso dabei unzählige Autotüren zu Bruch gingen, was Physical Based Shader sind und warum der Schnee aus mehr als nur weißen, vom Himmel herabfallenden Pixeln besteht.
Wie alles begann
Seit der ersten Episode des The Division Podcasts wissen wir, dass der Grundstein für The Division binnen weniger Tage gelegt wurde. Einer der ausschlaggebenden Punkte war ein Modell aus Karton, das aus einer Straßenkreuzung samt Autos und Hausfassaden aus Holz sowie Pappmaschee bestand. Ubisoft’s CEO Yves Guillemot war von dieser Idee sehr angetan, dass binnen fünf Tage eine Konzeptstudie erstellt werden musste. Doch war es mit dem Modell allein noch nicht getan, so fügten die Entwickler von Massive noch allerlei Assets wie beispielsweise Playmobilfiguren hinzu, die als Scharfschützen dienten, oder kleinere Spielereien, wie mit Fäden simulierte Projektil-Laufbahnen. Laut Cortes wurden sogar Einschlaglöcher in die Umgebung gestanzt, um den Prototypen mit maximaler Liebe zum Detail fertigzustellen.
Dies alles nahm man in Kauf, da man 2012 noch ein kleines Studios mit begrenzten Möglichkeiten war und die Snowdrop Engine noch nicht existierte.
Wir hatten vorher mit Ubisoft Paris zusammen XIII entwickelt, einen Shooter mit Cel-Shading-Look. Ansonsten waren wir ein reines Strategiestudio, bekannt für Ground Control und World in Conflict.Art Director Rodrigo Cortes
Von Grund auf neu
Tests mit Waffen seien in Europa nicht immer ganz einfach, weil es in Schweden ähnlich harte Waffengesetze wie in Deutschland gibt. Ubisoft hat dem Team von Massive daher vorgeschlagen, mit dem in Morrisville, North Carolina sitzenden Ubisoft Studio Red Storm Entertainment in Kontakt zu treten, um dort einen Teil der Entwicklung auszulagern.
Viele Spiele haben Cortes zufolge die Waffenphysik aus Hollywood adaptiert, während ausführliche Tests mit Red Storm und den unterschiedlichsten Kalibern wie der MP5, dem M4-Sturmgewehr und der F2000 in vielen Fällen völlig andere Resultate lieferten. Dabei gingen übrigens auch die Autotüren- und Scheiben zu Bruch, denn ausrangierte Autos zeigten genau, wann und wo Projektile einschlugen und wieder austraten.
Uns ist dabei aufgefallen, dass Sicherheitsscheiben in Fahrzeugen bei Beschuss gar nicht so schnell platzen, wie man das vielleicht denken könnte. Warum auch? Die Kugel tritt gerade ein und hat wenig Widerstand, zischt also direkt durch und hinterlässt ziemlich akkurate Löcher. Das soll The Division natürlich wiederspiegeln.Art Director Rodrigo Cortes
Auch an dieser Stelle steht man bei Massive für mehr Realismus, als dem regelrechten Explosionswahn bei Hollywood und anderen Spielen ein, was dem Spielspaß mit Sicherheit keinen Abbruch tut.
Realistische Schneeflocken
Zu den Features der Snowdrop Engine zählen auch realistische Schneeflocken. Dieses Thema bereitete den Entwicklern aufgrund deren Beschaffenheit besonderes Kopfzerbrechen, bestehen diese nämlich aus mehreren transparenten Eiskristallen, die je nach Licht-Reflexionen sichtbar und dadurch für uns als gesamte Einheit in Form weißer Flöckchen wahrgenommen werden können.
Unser Gehirn ist extrem gut darin jede noch so kleine Unregelmäßigkeit im Ablauf seiner Umwelt zu entlarven.Managing Director David Polfeldt
In The Division sind Schneeflocken weit mehr als nur weiße Pixel. So wird man im finalen Spiel beobachten können, wie der Schnee auf Objekten sowie auf Kleidung der Spieler Form annimmt und beim Betreten wärmerer Areale wie Häuser bzw. bei wechselnden Wetterverhältnissen zu schmelzen beginnt, was dunkle feuchte Stellen zur Folge hat.
Auch Smog sowie andere Verunreinigungen durch Schuhabdrücke oder Autoreifen wirken sich auf das Rendering des Schnee’s aus.
Wer genau hinsieht, kann an Hand des Profils des Reifenabdrucks erkennen, ob gerade ein PKW, Müllauto oder Truck hier entlang gerollt ist. Ist es ein Müllauto, waren es höchstwahrscheinlich die Cleaner.Managing Director David Polfeldt
Einen kleinen Einblick hinsichtlich dessen gewähren die beiden folgenden Bilder aus der ersten Snowdrop Engine Techdemo.
Der virtuelle Playground – die Snowdrop Engine
Um all dies und noch zahlreiche andere Features und Details unter einen Hut zu bringen, war die Entwicklung der hauseigenen Snowdrop Engine notwendig, die sich nun auch bestens mit der Philosophie des Unternehmens Ubisoft Massive versteht. Ein älteres Interview mit Rodrigo Cortes liefert bei Interesse zusätzliche Details.
Obwohl die Entwicklung der Engine einen enormen Zeitaufwand bedeutete, hat es sich für das Studio schlussendlich trotzdem ausgezahlt. Das Testen einzelner Features verläuft iterativ und Änderungen sind dank der Vielseitigkeit ein Leichtes.
Als Beispiel wird die tragbare Drohne genannt, die sich wie im E3 2014 Gameplay Video zu sehen, jederzeit vom Spieler einsetzen lässt.
Wir hätten sicherlich unendliche Stunden in Meetings mit der Frage verbrennen können: Soll die Drohne selbst bewaffnet sein oder nur ablenken? Ergo haben wir einen Prototyp erstellt, damit experimentiert und dabei schnell festgestellt, dass wir die taktische Tiefe stören, wenn die Drohne zu autark arbeitet.Art Director Rodrigo Cortes
Letztlich entschied man sich für einen Skill, der es erlaubt, Gegner mithilfe der Drohne zu blenden. Zugleich wird sie für Gegner anvisierbar und zerstörbar.
Auf Basis des integrierten knotenbasierten Systems sind viele weitere Einstellungsmöglichkeiten gegeben.
Angenommen wir haben ein brennendes Haus, dann können wir mit einem Regler skalieren wie hoch die Flammen schlagen. Die daraus resultierende Entwicklung von Ruß und Rauch berechnet die Engine vollautomatisch. Natürlich muss der Einschlag einer Kugel in das Chassis eines Autos anders aussehen als auf Beton oder Holz. Je nachdem mit welchem Kaliber Sie schießen, wird das Material vielleicht nur leicht perforiert, nicht durchschlagen. Während Holzpalisaden wiederum bei Beschuss aus einer halb-automatischen Waffe völlig zerfetzt werden.Art Director Rodrigo Cortes
Physical Based Shading
Da die Welt in The Division ständigen Veränderungen ausgesetzt ist, wird man auf keine geskripteten Szenarien à la Hollywood zurückgreifen können. Mit dem dynamischen Wettersystem verhalten sich Oberflächen bei verschiedenen Witterungen unterschiedlich. Regnet es beispielsweise, reagieren phyikalisch basierende Shader auf einer Zellophan-Plane anders als jene auf Materialien wie Beton, Holz oder Glas.
Was uns offen gestanden vorher nicht bewusst war, ist wie schwierig es eigentlich ist New York einzufangen, weil die Stadt noch immer viel Geschichte versprüht. Bei uns in Europa wurde im Laufe der Zeit fast alles modernisiert, aber in Brooklyn oder Queens werden Sie auch heute noch Tankstellen aus den 1980ern wiederfinden.Managing Director David Polfeldt